im grunde ist alles ganz einfach. seit langem hatte ich meinem sohn diesen ausflug ins naturhistorische museum in wien versprochen. als es während des letzten winters zum vierten mal sommer wurde, schien die gelegenheit günstig, und ganz nebenbei hatte ich – wie es sich für einen bekennenden hedonisten geziemt – einen kulinarischen herz-buben im ärmel.

zwei monate zuvor hatte in der schulerstraße 4 das Miznon Vienna eröffnet. versprochen wird street food im tel-aviv-style. besitzer aus tel-aviv, chef de cuisine aus tel-aviv – beste aussichten also auf eine geschmacksknospenoase in der wienerschnitzel-mit-tafelspitz-und-semmelkren-wüste im fiakergulaschtal der cisleithanischen kebab-einöde.

da das schicksal aber im gegensatz zur evolution nicht würfelt, sondern mit gestrengem blick auf der erfüllung seiner unergründlichen variablenkette besteht, also weder pferde noch rahmen sich zu finden auch nur gedacht hätten, musste der hedonismus vorerst rein intellektueller natur bleiben. während mann sich also ins nhm vergnügte, begab frau sich auf einen ausgedehnten spaziergang über den nahen flohmarkt am naschmarkt.

wieder zurück im warmen sonnenschein, ein paar mal mit den augen gezwinkert – da waren sie. drei pferde mit zieharmonika und klingelbeutel, als paradoxon inmitten der anachronistischen sommeroase im noch winterlichen kalender. die harmonischen sprünge der dreiköpfigen quadriga noch im ohr verklingend, schwemmten uns auch schon menschenwellen von russischen und japanischen touristenströmen fort und weg, trieben uns wie eine nussschale im frühlingsbach durch den ersten bezirk.

hinter dem dom in die schulerstraße gekreuzt, die segel hart am wind, das ächzen des ruders übertönte dabei die gewohnten geräusche der eitrige-mit-döner-und-allem-stände. so trieben wir auf die brandungen der souvernierstände hinterm steffl zu, bis wir hart backbord die lampe des nahöstlichen gaumenleuchtturms in der von pommesgischt zerfurchten schnitzelbrandung sichteten.

das miznon vienna wurde im dezember 2015 vom israelischen starkoch und gastronomen eyal shani als viertes restaurant der miznon-reihe (zwei in tel-aviv, eines in paris) eröffnet. shani besitzt neben diesen street food kantinen auch mehrere hochklassige  restaurants und gilt als einer der begründer der neoisraelischen küche.

miznon vienna

das miznon in der schulerstraße 4

laut und ungestüm wie das so verführerisch wie trügerisch auf ewig pubertierende tel-aviv empfängt uns der ein(t)raumimbiss. fertige gerichte schreien von vielen stimmen wiederholt nach ihren hungrigen empfängern, alles ein bisschen chaotisch, solange zumindest als man sich auch nur für irgendetwas anderes verantwortlich fühlt, als sich wohlzufühlen; alles so sympathisch, sobald man sich in den verantwortungsablehnenden halbschlaf lukullischer träume abzugleiten erlaubt.

miznon vienna

die speisekarte an der wand

die speisekarte findet der kulinarische argonaut an der wand und auf papierstanitzeln, street food at it’s best. bestellt wird an der theke, dann noch schnell einen namen angegeben, der sich leicht im vielkehligen chor rufen lässt, wenn die fertige bestellung ihren weg zum empfänger finden soll.

karfiol oder als eine art kulinarischer blumenstrauß im ganzen, lammbällchen in pita und viele andere kleine und größere snacks warten darauf, verkostet, nochmal probiert und variiert zu werden. eine feine, schöne würze, deren sanfe zärtlichkeit eine willkommene und vermisste abwechslung zum herb-runden feuer südostösterreichischer küche zwischen balkan und ungarn darstellt.

kurzum: ein guter ort, um immer dagewesen zu sein.

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miznon vienna

naturhistorisches museum wien – nhm

eyal shani